Bazare, Kamele, Kebab und mehr in Xinjiang

Die Textpassagen wurden als Zitate dem Buch „Go West. Unterwegs im anderen China“ entnommen. Die Fotos sind Smartphone Momentaufnahmen bzw. iStock (i) und Pexels (P) Bilder (siehe ID’s bei den Bildunterschriften).

Die Provinz Xinjiang ist ein autonomes Gebiet im Nordwesten Chinas, dessen exotisch wirkende Landschaft durch Wüsten, Berge, Gletscher und Gebirgsseen geprägt ist. Hier leben fast sechsundzwanzig Millionen Menschen verschiedener Volksgruppen, neben Han-Chinesen vor allem die turksprachigen Uiguren und Kasachen. Die Oasenstädte Kashgar und Hotan, in denen sich traditionelle Freiluftbasare erhalten haben, liegen an der alten Seidenstraße. Die Hauptstadt des autonomen Gebiets ist Ürümqi, eine junge Stadt mit mehr als dreieinhalb Millionen Einwohnern.

Weit in den Westen Chinas führt mich diese Reise, mit der ein Traum für mich wahr wird, obwohl sie sich als kleines Abenteuer erweist. In Xinjiang, der größten Provinz in China, ist die zentralasiatische Kultur sehr lebendig.

Die Landschaft ist von überwältigender Schönheit. Etwa die Hälfte der Fläche dieser Provinz besteht aus Gebirgen, deren schneebedeckte Gipfel schon aus großer Entfernung sichtbar sind. Sie bilden einen majestätischen Hintergrund für flache Wüsten, Steppen und Wälder. Das Schmelzwasser der Gletscher speist mehr als fünfhundert Flüsse und Seen. Zwischen den Gebirgsketten liegen die Wüsten Taklamakan und Gurbantüngüt, die zu den trockensten und heißesten Gebieten in China gehören. Selbst in einem Land wie China mit seinen vielen Regeln und Verboten bedeutet diese endlose Natur pure Freiheit.

In den Medien wird viel über Xinjiang berichtet – meistens in Zusammenhang mit Repressalien gegenüber den hier ansässigen Uiguren, die zu Spannungen und Konflikten auf der ganzen Welt führen.

Der beste Ort, um der Kultur und der Geschichte der Uiguren näherzukommen, ist die Stadt Kashgar im Südwesten der Provinz, das muslimische Zentrum von China. Der Ort war auch eine wichtige Station auf der alten Seidenstraße, an der die Nord- und die Südroute nach der Umgehung der ausgedehnten Sandwüste Taklamakan wieder zusammenkamen.

Kashgar – unter Beobachtung

Dass sich Reisen für mich als Ausländer in der Provinz Xinjiang anders gestaltet als in den übrigen Teilen Chinas, merke ich bei meinem ersten Kontakt mit den Staatsorganen in Zivil beim Verlassen des Ankunftsbereichs im Flughafen. Noch vor der Tür stoppen mich zwei Männer, die meinen Pass sehen möchten. {Weiterlesen im Buch, Seite 72}

Die Lobby im Flughafengebäude ist fast leer bis auf die Angestellten und die Vertreter der Behörden. Die anderen Ankömmlinge gehen schnell in Richtung Ausgang, ohne stehen zu bleiben. Draußen warten Angehörige und Freunde unter Schatten spendenden weißen Zeltdächern. Ins Innere des Flughafengebäudes dürfen sie aus Sicherheitsgründen nicht.

Willkommen in der Provinz Xinjiang, Kashgar Airport.

Das Hotel, das ich in Kashgar gebucht habe, trägt den klingenden Namen Sultan und beschreibt sich im Internet als Vier-Sterne-Business-Hotel, offenbar allein aufgrund seiner sehr guten Lage im Stadtzentrum. Doch im Vergleich zu den anderen Unterkünften, in denen Nichtchinesen hier offiziell übernachten dürfen, ist das Sultan noch die bessere Wahl.

Beim Betreten des Hotels muss ich eine Sicherheitsschleuse passieren, bei der auch mein Gepäck mithilfe eines Röntgengeräts nach Waffen durchleuchtet wird. {Weiterlesen im Buch, Seite 73}

Die Altstadt von Kashgar mit dem Sultan Business Hotel, Room 8439.

Die ersten Eindrücke von einer neuen Umgebung sind immer am interessantesten. Also breche ich am späten Nachmittag noch einmal auf, um die Stadt Kashgar zu erkunden. Dabei fallen mir die unzähligen Kameras auf, die in kurzen Abständen fast überall montiert sind. {Weiterlesen im Buch, Seite 74}

Überall sind Menschenmengen zu Fuß oder mit E-Scootern unterwegs. Nur Mao Zhedong steht als achtzehn Meter hoher steinerner Riese im Wintermantel allein an der Magistrale, bereit, mit seinem ausgestreckten rechten Arm all jene zu grüßen, die an Feiertagen vor ihm auf dem großen Platz aufmarschieren oder an den anderen Tagen schnell vorbeifahren. {Weiterlesen im Buch, Seite 74}

Der Große Platz im Zentrum von Kashgar zur Orientierung für all jene, die nicht wissen wo es lang geht.

Wie spät ist es? In der Provinz Xinjiang gibt es zwei Uhrzeiten. Während sich die Chinesen und die Uhren in allen öffentlichen Gebäuden der Stadt nach der offiziellen Beijing-Zeit richten, stellen die einheimischen Uiguren ihre Uhren nach der inoffiziellen Xinjiang-Zeit. {Weiterlesen im Buch, Seite 74}

Der Bezirk gilt als der weltweit größte Baukomplex aus Stampflehm, hier lebten einst mehr als zweihunderttausend Menschen. Doch die jahrhundertealten Stadtviertel wurden während der letzten zehn Jahre fast alle abgerissen und durch eine Miniaturaltstadt mit originaltreu nachgebildeten Wohnblocks ersetzt. Entstanden ist eine Art Freilichtmuseum alter islamischer Kultur. {Weiterlesen im Buch, Seite 75}

Die „Neue“Altstadt von Kashgar.

Neben den Sicherheitsanlagen wurden beim Neubau der Altstadt viele Geschäfte und traditionelle Märkte für Baumwolle, Medikamente, Eisenwaren und anderes Kunsthandwerk eröffnet. So kommt es mir vor, als ob ich durch ein modernes Museumsdorf auf den breiten, mit roten Ziegeln gepflasterten Straßen laufe, an deren Seiten sich die lehmroten flachen Gebäude dicht an dicht aneinanderreihen. {Weiterlesen im Buch, Seite 75}

Gleich neben der Altstadt befindet sich die mit gelben Fliesen verkleidete Heytgah-Moschee, die im fünfzehnten Jahrhundert erbaut wurde und heute die größte in China ist. In der weitläufigen Anlage mit den vielen schlicht ausgestatteten Gebetshallen können bis zu zwanzigtausend Menschen zusammenkommen, um zu beten und religiöse Feste zu feiern. {Weiterlesen im Buch, Seite 76}

Die Heytgah-Moschee, Chinas größtes islamisches Gotteshaus.

Wenn es dunkel wird, verwandeln sich in Kashgar der Platz vor der Moschee und Teile der Altstadt in einen einzigartigen Nachtmarkt mit zahllosen Essensständen, die uigurische Gerichte bereithalten. Vor einem Restaurant und Teehaus werden Lammspieße gegrillt. {Weiterlesen im Buch, Seite 76}

Die Nacht in Kashgar gehört den Uiguren.

Kashgar hat den größten Markt in der Provinz Xinjiang. Er ist schon seit tausendfünfhundert Jahren bekannt, denn die Oase am Rand der Taklamakanwüste war eine Drehscheibe für den Handel der Uiguren entlang der Seidenstraße. {Weiterlesen im Buch, Seite 77}

Am Markt angekommen, erwartet mich ein turbulentes und farbenprächtiges Spektakel. Im hinteren Teil des weitläufigen Geländes dreht sich alles um vierbeinige Tiere. Schafe, Ziegen und Kühe verschiedener Rassen stehen in Gruppen zusammengepfercht eng beieinander und können sich kaum bewegen. Immer wieder kommen in kurzen Abständen Lastwagen mit neuen Tierladungen an. Das lautstarke Gewimmel und Gewusel ist nicht zu überhören. {Weiterlesen im Buch, Seite 78}

Martkttag in Kashgar.

Hier an diesem geschichtsträchtigen Ort sind die Uiguren unter sich. Kein Chinese ist weit und breit zu sehen, auch keine Frauen. Die sind im vorderen Teil des Markts damit beschäftigt, die Dinge für das tägliche Leben zu verkaufen. {Weiterlesen im Buch, Seite 78}

Gut besucht sind die Stände der Metzger, die einen Teil des filetierten Fleischs gleich in den kleinen Küchen daneben zu Fleischspießen verarbeiten lassen. Ich entscheide mich für das leckere, noch warme uigurische Brot, das überall angeboten wird. Genüsslich kaue ich an meinem Fladen und habe in diesem Moment das Gefühl, nicht in China, sondern irgendwo in Zentralasien zu sein.

Essen im Überfluss auf dem größten Markt in der Provinz Xinjiang.

Zurück in Kashgar suche ich nach einem Reisebüro, das mir Ausflüge während der nächsten Tage anbieten kann. Von der Hotelrezeption habe ich eine Adresse im Westen der Stadt erhalten, da ich bei den Agenturen im Zentrum als Ausländer keine Buchungen machen darf.

Der Zettel mit der Adresse weist mir den Weg vorbei an einem abgesperrten Gebiet in der ursprünglichen Altstadt von Kashgar. Gegenüber dem orientalisch wirkenden eigenständigen Bezirk mit verwinkelten engen Gassen hat die neu erbaute Altstadt sicher deutlich bessere Lebensbedingungen zu bieten. Ohne dass ich in dieses Viertel tiefer eintauchen könnte, sehe ich die Reste verlassener Häuser, die auf den Abriss warten.

Das „Alte“ Kashgar wartet auf die Abrissbirne.

Das Reisebüro befindet sich in einer Hotelanlage, in der ehemals das russische Konsulat untergebracht war. Die Zimmer und Gänge sind in skurrilem plüschigem Stil mit dicken Teppichen ausgestattet. In einem der zu Büros umfunktionierten Zimmer treffe ich auf Rana, eine Uigurin im gesetzten Alter. {Weiterlesen im Buch, Seite 79}

Das ehemalige Russische Konsulat ist heute ein Hotel in der Nähe der Altstadt von Kashgar.

Mündlich vereinbaren wir für mich eine zweitägige Reise westwärts zum Karakorum Highway, der China mit Pakistan verbindet. Er führt auf das Plateau des Pamirgebirges, eine der schönsten Bergregionen im Riesenreich der Mitte.

Die anderen Reisenden sind Chinesen aus verschiedenen großen Städten des Landes. Nur die achtundvierzigjährige Suli hat einen amerikanischen Pass. {Weiterlesen im Buch, Seite 80}

Wir fahren vorbei an dörflichen flachen Bauten, zwischen denen spielende Kinder hin und her rennen. Fast vor jedem Haus steht ein Holzkohlegrill, auf dem Fleischspieße für die nächste Mahlzeit brutzeln. Gleich daneben stapeln sich große Holzkohlestücke. Fleisch am Morgen, Fleisch am Mittag, Fleisch am Abend und als Snack zwischendrin, serviert mit dem köstlichen Fladenbrot. Meine Sache ist das noch immer nicht.

Auf dem Weg unterwegs nach Westen.

Gut zwei Stunden von Kashgar entfernt fahren wir durch das flache Gebirgstal Oytagh mit den Roten Bergen im Westen. Sie bilden einen reizvollen Gegensatz zur Kulisse der schneebedeckten Gipfel des Pamirgebirges im Hintergrund, die sich wie eine massive Wand aus der Ebene hervorheben. {Weiterlesen im Buch, Seite 84}

Die roten Berge des Oytagh Canyon entlang des Karakorum Highways.

Der Karakorum Highway ist die höchste Fernstraße der Welt mit einer der spektakulärsten Streckenführungen, die es auf unserem Globus gibt. Er bildet die Haupttrasse der alten Seidenstraße zwischen China und Westasien. {Weiterlesen im Buch, Seite 84}

Checkpoint am Karakorum Highway, der höchsten Fernstraße der Welt.

Die heutige asphaltierte mehrspurige, tausenddreihundert Kilometer lange Magistrale, die von Kashgar über den Khunjerab-Pass bis nach Islamabad führt, geht auf ein Abkommen zwischen China und Pakistan im Jahr 2006 zurück. {Weiterlesen im Buch, Seite 84}

Ein spektakulärer Anblick inmitten von grandioser Natur erwartet uns in dem Kirgisischen Autonomen Bezirk Kizilsu am Karakol-See, der mit 3600 Metern über dem Meeresspiegel der höchstgelegene See auf dem Plateau des Pamir ist.

Der Karakol ist bis zu 242 Meter tief und als Zwischenstopp und Attraktion bei allen Reisenden beliebt, die auf dem Highway unterwegs sind. Besonders beeindruckt mich das Wechselspiel zwischen den Spiegelungen der gigantischen Berge im Hintergrund und den weißen Wolken am blauen Himmel. Das Wasser leuchtet in den verschiedensten Farben von Dunkelgrün bis Azurblau, je nach Tiefe.

Zwischenstopp am Karakol-See.

Den Kirgisen, die in ihrem autonomen Gebiet fast unter sich sind, bleibt daher neben dem traditionellen nomadischen Gebirgsleben nur der Handel mit Souvenirs, um ein wenig dazuzuverdienen.

Traumhafte Momente auf dem Karakorum Highway.

Unsere Reise geht weiter auf dem Dach der Welt. Das Pamirgebirge erstreckt sich über vier Länder. Es ist weltweit die zweithöchste Bergkette und eines der vielfältigsten Naturwunder der Erde. Im Vergleich zum Himalaya ist das Gebiet touristisch kaum erschlossen. {Weiterlesen im Buch, Seite 86}

Hochplateau an den Ausläufern des Pamir-Gebirges.

Tashkurgan ist eine kleine Stadt in der äußersten Ecke Chinas. Der letzte Ort vor dem Khunjerab-Pass, der Grenze zu Pakistan. Auch Tadschikistan ist nicht weit entfernt. Daher sind die meisten Einwohner in dem Autonomen Kreis Tashkurgan Tadschiken, während viele Hotels von Chinesen und einige Restaurants auch von Pakistani betrieben werden. {Weiterlesen im Buch, Seite 86}

Tashkurgan im Autonomen Kreis der Tadschiken in der Provinz Xinjiang, China.

So kann ich am nächsten Tag in der Morgensonne durch die belebten Straßen flanieren und die Tadschiken bei ihren Großeinkäufen beobachten, die sie auf den Ladeflächen ihrer Pick-ups oder der dreirädrigen Motorroller verstauen. Die Luft ist angenehm kalt und klar, was nicht verwundert, da Tashkurgan 3000 Meter hoch liegt.

Nachdem sich unsere Reisegruppe am frühen Nachmittag wieder zusammengefunden hat, geht es zurück nach Kashgar. In der Nähe von Tashkurgan besuchen wir noch die Steinerne Stadt, die eine Geschichte von mehr als zweitausend Jahren aufzuweisen hat. Von der imposanten Festung sind nur die Ruinen mit den Stadttoren, der Stadtmauer und den Zinnen erhalten, die von Kämpfen mit Persern und Mongolen berichten könnten. {Weiterlesen im Buch, Seite 88}

Die 1400 Jahre alte Stätte der Steinernen Stadt, nahe der Grenze zu Tadschikistan und Pakistan.

All die vielen Eindrücke vom westlichsten Teil Chinas begleiten uns unterwegs auf dem Karakorum Highway in Richtung Kashgar. Noch einmal sehe ich durch das Fenster des Kleinbusses die magischen Orte des Pamir-Plateaus auf der alten Seidenstraße an mir vorbeiziehen. Und mich überkommt ein wenig Wehmut beim Gedanken daran, dass ich vielleicht nie wieder hierherkommen werde.

Zurück auf Karakorum Highway als Verbindung der mittleren und südlichen Seidenstraße in Richtung Kashgar.

Ürümqi und das Land der Uiguren

Die Stadt mit ihrer über zweitausendjährigen Geschichte ist viel sehenswerter als erwartet, obwohl das von Hochhäusern dominierte Stadtbild eher dem einer modernen Metropole gleicht als einem romantischen Ort an der Seidenstraße. Die Atmosphäre im Zentrum ist geprägt von Uiguren, Kasachen, Mongolen und natürlich Chinesen. {Weiterlesen im Buch, Seite 89}

Das Regionalmuseum in Ürümqi mit Relikten der Alten Seidenstraße.

Nach der Ankunft in Ürümqi will ich das Regionalmuseum besuchen, ein Muss für alle, die sich für die Seidenstraße interessieren. Das Museum ist auch ein guter Ort, um mehr über die ethnischen Minderheiten in Xinjiang zu erfahren. Das Highlight der Ausstellung sind die Mumien aus der Taklamakan, die über zweitausend Jahre alt sind. {Weiterlesen im Buch, Seite 89}

Die Provinzhauptstadt Ürümqi, die größte Stadt Westchinas. 

Die Stadt liegt im Dunst. Der beste Blick bietet sich mir vom Roten Berg in der Nähe meines Hotels. Er wurde nach seinem rotbraunen Felsen benannt. Mit 910 Metern Höhe und einer neunstöckigen Pagode auf dem Gipfel ist er der höchste Punkt und das Wahrzeichen von Ürümqi. Von hier aus habe ich bei Sonnenuntergang eine tolle Aussicht bis zum Tian-Shan, dem schneebedeckten Himmelsgebirge.

Diese Bergregion kann ich als Ausländer nur bei einem organisierten Ausflug besuchen, daher schließe ich mich am nächsten Tag einer chinesischen Reisegruppe an. Ein privates Taxi holt mich morgens pünktlich um sieben Uhr vom Hotel ab und bringt mich zu dem Treffpunkt der Gruppe am Volkspark. Die chinesischen Touristen aus den verschiedenen Teilen des Landes nehmen noch ihre Plastikbeutel mit dem Proviant und den Wasserflaschen für den Tag in Empfang, bevor die Fahrt im klimatisierten Bus beginnt. {Weiterlesen im Buch, Seite 91}

Neben dem Busfahrer steht die junge Reiseleiterin in einem hellblauen Poloshirt und mit einer roten Binde um den linken Oberarm, auf der mit gelben Schriftzeichen vermutlich ihre Funktion bei der Tour vermerkt ist. Während der Bus auf der Autobahn in Richtung Nordosten durch dicht besiedelte Industriegebiete rauscht, spricht sie ohne Unterbrechung in das Mikrofon, das an ihrem Hals angewachsen scheint. {Weiterlesen im Buch, Seite 92}

Ein Tagesausflug von Ürümqi in den Tian-Shan-Nationalpark.

Von Ürümqi sind es hundert Kilometer bis zu dem Nationalpark, in dem sich auch das Tian-Shan-Gebirge und der Tian-Chi-See, der Himmelssee, befinden. Der etwa zweitausendfünfhundert Kilometer lange Gebirgszug Tian-Shan verläuft von Ost nach West durch das zentrale Gebiet von Xinjiang, er teilt die Provinz in eine nördliche und eine südliche Region. {Weiterlesen im Buch, Seite 92}

Vor dem Eingang zum Nationalpark mit seinem modernen Zentralgebäude erstreckt sich ein riesiger betonierter Platz, exakt in der Mitte befindet sich ein großer Springbrunnen. Zielsicher schreitet unsere Gruppe den langen Weg über den Parkplatz an den vielen Bussen entlang, vorneweg die Reiseleiterin. Eisern hält sie zur Orientierung ihren Stab mit dem in der milden Luft wehenden Fähnchen in die Höhe.

Nach dem obligatorischen Gruppenfoto vor dem Eingang werden die Eintrittstickets verteilt, bevor wir uns alle durch den Sicherheitscheck zwängen. 

Eingang zum Tian-Shan-Nationalpark.

Mit Shuttlebussen geht es auf einer asphaltierten Straße weiter hinauf zum See, der auf den ersten Blick große Ähnlichkeit mit dem bayerischen Königssee hat. Nur eben dass der Himmelssee am anderen Ende der Welt auf 1980 Metern Höhe liegt. {Weiterlesen im Buch, Seite 93}

Der Himmelssee im Tian-Shan-Nationalpark.

Ein ausgebauter Wanderweg führt hinauf zum Berg Denggang, von dessen 2700 Meter hohem Gipfel ich eine fantastische Aussicht auf den Himmelssee und den Bogda Feng habe. Solche Bilder kenne ich sonst nur aus Bildbänden. Fast schon surreal wirkt es auf mich, als ich einen Adler am strahlend blauen Himmel seine Runden drehen sehe. Einzig die chinesischen Durchsagen aus den Lautsprechern am Wegrand trüben diese friedlichen Momente beim Wandern im alpinen Gelände.

Unterwegs zum Gipfel vom Berg Denggang (2700 Meter).

Am Nachmittag kommt unsere Reisegruppe am vereinbarten Treffpunkt wieder zusammen. Ich folge der Reiseleiterin mit ihrem bunten Fähnchen am Stab und unterhalte mich mit einem chinesischen Studenten aus der Provinzhauptstadt, der etwas Englisch spricht. Er nennt sich Job, ein Name, den er selbst ausgewählt hat, weil er ihn so klangvoll findet. Job zeigt mir auf seinem Handy Fotos einiger Zeichnungen und Gemälde, die er während seines Grafikstudiums angefertigt hat. {Weiterlesen im Buch, Seite 94}

Grafiken Made in China von dem Studenten mit dem kurzen und einprägsamen Namen Job.

Ins Gespräch vertieft kommen wir mit großen Schritten zum Ausgang des Nationalparks. Dort erwartet uns, wie überall in China bei ländlichen touristischen Sehenswürdigkeiten, ein Supermarkt. Alle Touristen werden durch den Einkaufstempel hindurchgeschleust, vorbei an verschiedenen Ständen mit lokalen Leckereien. {Weiterlesen im Buch, Seite 94}

Ein Supermarkt der besonderen Art am Ausgang des Tian-Shan-Nationalparks.

Meinen Mitreisenden steht eher der Sinn danach, endlich etwas zu essen zu bekommen. Und tatsächlich, der nächste Halt ist ein Restaurant, in dem schon alles für den kulinarischen Höhepunkt der Tour vorbereitet ist – ein Ritual bei organisierten Reisen in China, das die Teilnehmenden zum Abschluss an den runden Drehtischen einander noch einmal näherbringt. Mit Essstäbchen ausgerüstet picken wir in die verschiedenen Schalen mit den bunten, leckeren chinesischen Gerichten, um ein geeignetes Häppchen herauszufischen. Die größtenteils vegetarischen Köstlichkeiten sehen einfach zubereitet aus, schmecken aber unglaublich gut. Nirgendwo sonst außerhalb Chinas habe ich diesen Geschmack wiedergefunden. Kein Wunder also, dass sich die Schalen schnell leeren, und wie von selbst füllt sich der Tisch mit immer neuen Kreationen.

Einzigartig und grandios im Geschmack, ein Festessen von namenlosen Fünf Sterne Köchen.

Auf dem Rückweg nach Ürümqi hält unser Reisebus, wie bei einer Kaffeefahrt in Deutschland, noch an zwei vorher ausgewählten Stationen. In der Fabrik für die Herstellung traditioneller Medizin gibt es beim Rundgang durch die Fertigungshallen viel zu bestaunen und anhand der Wandtafeln auch viel über die Anbaugebiete in der größten Provinz Chinas zu erfahren. {Weiterlesen im Buch, Seite 95}

Das Kaufinteresse unserer Reisegruppe ist gering und wird auch beim zweiten Stopp des Busses an einer weiteren Fabrik nicht größer. Hier geht es um die Verarbeitung und Veredlung von Jade. {Weiterlesen im Buch, Seite 96}

Kunstvolle Veredlung von Jade, einer der bedeutungsvollsten Gesteine in China als Symbol für die Schönheit und die Natur mit seinen heilenden, magischen Kräften.

Mister Yangs Gespür für Orte

Am nächsten Tag verlasse ich Ürümqi. Mit dem Linienbus geht es in dreistündiger Fahrt dreihundert Kilometer über die Autobahn nach Turpan im Südosten der Provinz Xinjiang. Wir durchqueren die Dsungarei, eine der größten Sandwüsten der Welt. {Weiterlesen im Buch, Seite 96}

In der Wüste sind unzählige weiße Windkraftanlagen zu erkennen, die in der endlosen Weite exakt zueinander ausgerichtet sind. Sie gehören zu dem Windpark Dabancheng, eine der größten Anlagen ihrer Art in China, wo sich mehr als die Hälfte der weltweit errichteten Windkraftanlagen befinden.

Von Ürümqi mit dem Linienbus durch die Dsungarei nach Turpan im Südosten der Provinz Xinjiang (Foto unten i1072937254).

In China leben heute zehn Millionen Uiguren. Ursprünglich haben sie sich vor allem in und nahe den vielen Oasen entlang der nördlichen und südlichen Seidenstraße angesiedelt. Eine dieser Ortschaften ist die Oasenstadt Turpan, in der die Uiguren mit fast vierhunderttausend Einwohnern und siebzig Prozent der Bevölkerung die Mehrheit bilden.

Turpan war Anfang des ersten nachchristlichen Jahrtausends eine wichtige Handelsstadt. Heute wird es Touristen gern als eine Art Modellstadt des neuen Chinas präsentiert. Um den alten Ortskern ziehen sich ringförmige Straßen, die die einzelnen Stadtgebiete mit neuen Hochhäusern, Geschäften und Fabriken voneinander trennen.

Die Stadt liegt im nördlichen Teil der beckenartigen Turpansenke, eine der tiefsten Senken der Erde, umschlossen vom Tian-Shan-Gebirge. Im Zentrum der Senke befindet sich der ausgetrocknete Aydingkol-See. Die Region um Turpan ist die wärmste Gegend des Landes und in ganz China für ihre Melonen und Trauben bekannt. {Weiterlesen im Buch, Seite 98}

Das Hotel Atour begeistert mich sofort durch seine weitläufige offene Lobby, die wie ein Wohnzimmer mit Bücherregalen und modernen Möbeln eingerichtet ist. Es gehört zu den fantastischen individuell entworfenen und gestalteten Boutique-Hotels, die in China inzwischen fast überall in Orten mit touristischen Sehenswürdigkeiten anzutreffen sind. Die Architekten sind interessanterweise Taiwanesen. {Weiterlesen im Buch, Seite 98}

Willkommen im Boutique-Hotel Atour im Stadtzentrum von Turpan.

Ein Feuerwerk an Impressionen wie aus einer anderen Welt beginnt für mich an diesem Sonntag exakt um 8 .46 Uhr morgens im Zimmer achttausendfünfhundert des Hotels Atour in Turpan. Zu dieser Zeit stehe ich gerade unter der Dusche und seife mir mit Shampoo den Kopf ein. Ganz schwach höre ich das Telefon in meinem Zimmer läuten. Weil ich nicht weiß, ob der Anruf wichtig sein könnte, stürze ich nackt zum Telefon.

»Kommen Sie sofort zur Rezeption«, ruft die junge Hotelangestellte und sucht immer wieder nach den richtigen englischen Wörtern. »Der Fahrer wartet schon auf Sie!«

Mister Yang, wie er sich mir bei der Begrüßung vorstellt, ist ein Taxifahrer auf Zuruf für Fahrten und Touren aller Art. {Weiterlesen im Buch, Seite 99}

Mit seinem weißen Geländewagen des chinesischen Herstellers Dongfeng fahren wir im diffusen Morgenlicht in Richtung Nordosten, direkt in die Wüste der Turpan-Ebene, die unmittelbar an die Stadt angrenzt. Mir fallen die vielen Pumpen zur Ölförderung auf, die links und rechts der Fahrbahn wie die Figuren auf einem Schachbrett in regelmäßigen Abständen angeordnet sind.

Nach etwa zehn Kilometern taucht in der Ebene wie aus dem Nichts ein großer Felsen auf. In den Reiseführern wird dieses zu Stein gewordene Monstrum als »Flammenberg« beschrieben. Es ist ein monolithischer, achtundneunzig Meter langer Felsblock. {Weiterlesen im Buch, Seite 100}

Der „Flammenberg“ im nördlichen Teil des Turpan-Beckens. Die durch Erosion gebildeten Krater im oberen Bereich des Sandsteinfelsens verleihen dem Berg ein flammendes Aussehen (i1224327073).

Im Gegensatz zu diesem optischen Phänomen steht das frische Grün in den umliegenden Tälern. Solch ein intensives Grün von Pflanzen und Bäumen wie in den Senken der Turpan-Ebene habe ich in vergleichbaren Wüsten in Israel und Jordanien nicht gesehen. Wie kann das sein? Ist das eine Laune der Natur?

Das frische Grün in der Turpan-Oase weist auf das intelligente Bewässerungssystem hin, das in der Provinz Xinjiang »Karez« genannt wird. 

Mitnichten, denn die Fruchtbarkeit des Bodens in der Turpan-Oase ist auf das intelligente Bewässerungssystem zurückzuführen, das etwa hundert Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung entstand. {Weiterlesen im Buch, Seite 101}

Vom »Flammenberg« geht es anschließend im Geländewagen, dem Canyon folgend, weiter nach Osten bis zu den Tausend-Buddha-Grotten von Bizaklik.

Auf dem Weg zu den Grotten lese ich auf den vielen Schautafeln Wissenswertes über die Geschichte des Buddhismus in dieser Region. Als erste ausländische Religion verbreitete er sich aus Indien kommend über die Seidenstraße in ganz China. Von den ehemals dreiundachtzig Grotten, die hoch oben auf den Klippen über einem begrünten Tal liegen, sind vierzig restauriert und begehbar. {Weiterlesen im Buch, Seite 102}

Die Tausend-Buddha-Grotten von Bizaklik.

Mister Yang wartet im Schatten neben seinem Auto bereits auf mich. Wir fahren auf sehr gut ausgebauten Landstraßen durch die uigurischen Dörfer mit den für die Gegend typischen »Rosinenhäusern«. {Weiterlesen im Buch, Seite 103}

Altes traditionelles Wohnhaus in der Umgebung von Turpan (i1180465069).

Mister Yang steuert sein Auto zielsicher zu den Astana-Gräbern, vierzig Kilometer südöstlich von Turpan. Der Name Astana bedeutet im Uigurischen »Hauptstadt«. {Weiterlesen im Buch, Seite 103}

Das weitläufige Areal der Astana-Gräber mit über tausend Gräbern aus der Zeit der chinesischen Dynastien zwischen dem dritten und achten Jahrhundert.

Auf der Weiterfahrt durch die Turpan-Ebene kommen wir in das muslimische Dorf Maza, aus dem der schlanke Turm der Moschee mit dem grünen Dach herausragt. Es ist Mittagszeit. Mister Yang kauft uns eine fußballgroße zuckersüße Honigmelone, die er später fachgerecht mit einer Machete in dünne Scheiben filetieren wird. {Weiterlesen im Buch, Seite 104}

Mittagszeit im muslimischen Dorf Maza.

Das Highlight am Nachmittag sind für mich die Ruinen von Gaochang. Schon als wir an dem eingezäunten Gelände des Museumsparks vorbeifahren, sehen wir die in der Sonne leuchtenden Reste der historischen Stadt, die sich über die karge Wüste verteilen. Genau hier ging einmal die Seidenstraße entlang.

Das Eingangsportal zum Museumspark der Ruinen von Gaochang.

Gaochang wurde als Garnison im ersten Jahrhundert vor Christus erstmals in den Quellen erwähnt. {Weiterlesen im Buch, Seite 105}

Doch bevor ich in den Bus einsteige, nimmt ein anderes Transportmittel meine Aufmerksamkeit gefangen. So etwas kenne ich bisher nur aus Science-Fiction-Filmen. Direkt vor mir parken zwei Drohnen in der Größe eines kleinen Hubschraubers. {Weiterlesen im Buch, Seite 106}

Futuristische Flugkörper als Zeugen einer neuen Zeit auf der Alten Seidenstraße.

Obwohl von der antiken Stadt nach mehr als zweitausend Jahren nur noch Fragmente von Mauern und Wänden erhalten sind, prägen sich mir die herrlichen Eindrücke der gesamten Anlage ein. Das Gelände besteht aus einem äußeren und einem inneren Bereich sowie der Palaststadt im Zentrum. {Weiterlesen im Buch, Seite 106}

Fragmente von Mauern und Wänden in der zweitausend Jahre alten Ruinenstadt Gaochang.

Nach zwei Stunden Wanderung durch die Ruinen und dem Betrachten zahlreicher Fotos treffe ich am Ausgang des Freilichtmuseums den uigurischen Lautespieler vom Vormittag wieder. Diesmal stecke ich ihm keine Geldscheine zu. Als ich in Richtung Parkplatz gehe, kommt mir eine Reisegruppe älterer, müde wirkender westlicher Touristen entgegen. Auch ich sehne mich nach einer Erholungspause.

Doch Mister Yang kennt kein Erbarmen. Kaum, dass ich in seinem Auto sitze, startet er den Motor für die Weiterfahrt nach Tuyugou. Dabei handelt es sich um ein kleines uigurisches Dorf in einer Felsschlucht, dessen Bewohner eine traditionelle Lebensweise pflegen, so erzählt er mir unterwegs. {Weiterlesen im Buch, Seite 107}

Seit Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts kamen Entdecker aus der ganzen Welt hierher, um Ausgrabungen durchzuführen, weil die Schlucht von Tuyugou ein wichtiger Durchgang für den Verkehr auf der Seidenstraße war. {Weiterlesen im Buch, Seite 107}

Der Spaziergang durch die Ortschaft, der mir einen tiefen Einblick in die uigurische Lebensweise und Architektur gewährt, ist äußerst angenehm und lehrreich, gibt es doch viel zu sehen und an den Schautafeln nachzulesen.,… immerhin zählt Tuyugou zu den bekanntesten historischen Dörfern in ganz China. {Weiterlesen im Buch, Seite 107}

Das uigurisches Dorf Tuyugou als ein wichtiger Durchgang für den Verkehr auf der Alten Seidenstraße.

Der Abend in dem uigurischen Restaurant findet einen netten Ausklang mit traditioneller Musik und Tänzen eines jungen Paares in Tracht, die ihre komplizierten Schrittfolgen bestimmt schon von Kindesbeinen an geübt haben. Weitaus schwerer tun sich bei dem schnellen Rhythmus die Kandidaten, die von den Tänzern persönlich ausgewählt und auf die freie Fläche zwischen den Tischen gezogen werden. {Weiterlesen im Buch, Seite 108}

Ausgelassene Stimmung in einem uigurischen Restaurant in Turpan.

Der neue Tag mit weiteren Ausflügen in die Umgebung von Turpan beginnt etwas entspannter als der Morgen davor.“

Unser erstes Ziel ist die Ruinenstadt Jiaohe zehn Kilometer westlich von Turpan, eine der Top-Ruinenstätten weltweit und selbstverständlich Weltkulturerbe. {Weiterlesen im Buch, Seite 109}

Der chinesische Name Jiaohe bedeutet so viel wie »Flüsse treffen sich«, womit die beiden ausgetrockneten Flüsse in der Museumsanlage gemeint sind, die sich um eine große Steininsel winden. Für viele Touristen ist die antike Stadt das absolute Highlight der Reise nach Turpan, ja selbst in ganz Xinjiang. {Weiterlesen im Buch, Seite 109}

Unvergessliche Momente in der Ruinenstadt Jiaohe, zehn Kilometer westlich von Turpan, eine der Top-Ruinenstätten weltweit.

Mich faszinieren diese Momente am Morgen in einer fast menschenleeren Ruinenstadt, in der ich auf jahrtausendealten Straßen flaniere und die Atmosphäre früherer Zeiten förmlich einatme. {Weiterlesen im Buch, Seite 110}

Kann nach einer solchen eindrucksvollen Zeitreise zurück zu unseren Anfängen noch etwas anderes an diesem Tag folgen? Mir bleibt keine Gelegenheit, darüber nachzudenken, denn Mister Yang packt mich nach meinem Eintreffen am Parkplatz gleich wieder in seinen Geländewagen und fährt mit mir zur nächsten Sehenswürdigkeit. Das örtliche Karez-Museum am Rand von Turpan erklärt die Entstehung der unterirdischen Wasserkanäle und gibt Aufschluss über das Leben in der Wüste und in den grünen Oasen gestern und heute.

Das Karez-Museum am Rand von Turpan erklärt die Entstehung der unterirdischen Wasserkanäle.

Nach den Anstrengungen am Morgen müssen sich meine beiden Mitfahrer bei einem deftigen Mittagessen erst einmal stärken, so wie es in ganz China zwischen elf und zwölf Uhr üblich ist. Es ist eine der heiligsten Zeiten im Tagesablauf, wo die Arbeit im Riesenreich fast vollständig ruht. Meine neuen Bekannten halten dafür extra an einem ihrer Lieblingslokale an der Hauptstraße, dessen Besitzer sie gut kennen. {Weiterlesen im Buch, Seite 110}

Beim Schlürfen der Nudelsuppe entdeckt, eine antiquarische Kostbarkeit mit Zertifikat.

Beim Suppeschlürfen fällt mein Blick auf das Regal an der Wand, auf dem dicht gedrängt antike Uhren neben verstaubten Vasen stehen, die vermutlich ebenfalls wertvoll sind. Auf meine Frage nach dem Alter der Antiquitäten bekomme ich von Mister Yang die Namen der einzelnen Dynastien mit den dazugehörigen Jahreszahlen nur so um die Ohren gehauen. {Weiterlesen im Buch, Seite 111}

Südlich der Stadt, im Becken von Turpan, ist unser nächster Stopp. Hier befindet sich der Aydingkol-See, der hundertfünfundfünfzig Meter unter dem Meeresspiegel liegt, etwa so tief wie der Assal-See in Ostafrika. Nur das Tote Meer und der See Genezareth liegen tiefer. Der Aydingkol ist allerdings komplett ausgetrocknet. {Weiterlesen im Buch, Seite 111}

Was es hier zu sehen gibt, beschränkt sich auf ein salziges Flussbett und viel trockenen braunen Schlamm.

Eine scheinbar endlose Weite am Aydingkol-See, hundertfünfundfünfzig Meter unter dem Meeresspiegel.

In Richtung Westen sind die schneebedeckten Bergspitzen des Tian-Shan-Gebirges auszumachen. Jene Berge, deren geschmolzene Schneemassen als frisches Wasser auch den See gespeist haben. Mit steigendem Wohlstand zweigten jedoch die Bauern im Lauf der Zeit immer mehr Wasser durch die Karez-Kanäle für die Bewirtschaftung der Felder ab. So lange, bis vor etwa zwanzig Jahren kein Tropfen mehr im See ankam. {Weiterlesen im Buch, Seite 112}

Bevor es zurück nach Turpan geht, möchte mir Mister Yang noch unbedingt das Testzentrum für neu entwickelte Autos zeigen, da er weiß, dass ich für die bayerische Edelmarke in China arbeite. Am Haupteingang des Testgeländes, umgeben von Wüste, passieren mit schwarz-weißen Folien abgeklebte Autos im Minutentakt die Zufahrt. {Weiterlesen im Buch, Seite 112}

Auf diesem Areal des »Xinjiang Turpan Natural Environment Experimental Research Center«, wie der offizielle Name lautet, werden neben den Autos auch regelmäßig mehr als dreißigtausend Proben neu entwickelter Materialien der direkten Sonneneinstrahlung und Temperaturen von bis zu siebzig Grad Celsius ausgesetzt, teilweise dauern die Versuche bis zu vier Jahre lang.{Weiterlesen im Buch, Seite 113}

Der Eingang zum »Land des Feuers«.

In Turpan angekommen biegen wir wieder auf die Nebenstraße ab, die zu Mister Yangs Haus führt. Dort zeigt er mir in einem der Hinterzimmer seine Schätze. Das Zimmer sieht auf den ersten Blick aus wie eine übervolle Abstellkammer. Doch beim genaueren Hinsehen entpuppt sich dieser stille Ort als eine Schatzkammer mit Antiquitäten aus verschiedenen Dynastien Chinas. {Weiterlesen im Buch, Seite 113}

Eine Schatzkammer mit Antiquitäten aus verschiedenen Dynastien Chinas im Hinterzimmer.

Die Eigenheiten von Xinjiang, der vielfältige Alltag der einzelnen Völker, die Natur- und Kulturschätze – all das wird mir noch einmal bewusst, als ich am Abend vor meiner Rückreise nach Beijing beim Herumstreifen in einem der Randbezirke Turpans einen einfachen Flachbau aus Beton entdecke, auf dessen Dach ein erleuchtetes Kreuz als Symbol der hier lebenden Christen thront. {Weiterlesen im Buch, Seite 114}

Der Bahnhof von Turpan, weit außerhalb vom Stadtzentrum.

Die Provinz Xinjiang ist für China die Zukunft, in die viel investiert wird: Go West! Davon profitiert zum Beispiel eine sehr gut funktionierende Infrastruktur mit den hyperschnellen Zügen, von denen mich einer mit mehr als dreihundert Kilometern pro Stunde in die Provinzhauptstadt Ürümqi zurückbringt. {Weiterlesen im Buch, Seite 114}

Auf dem Rückflug nach Beijing sacke ich tief in meinen Sitz, um mit geschlossenen Augen noch einmal die opulenten Bilder der Reise durch Xinjiang mit den Orten an der alten Seidenstraße aufzurufen. Natürlich kommen dabei auch die Szenen mit den unzähligen Kontrollen vor, die westliche Touristen oft von einer Exkursion in den tiefen Westen Chinas abschrecken. Für die chinesischen Behörden ist es eine bewährte Methode, um die größte Provinz des Landes mit den meisten verschiedenen Volksgruppen von Beijing aus zu regieren. Änderungen an diesem System wird es nicht geben. Trotz dieser Einschränkungen gehören die Erfahrungen in dieser Provinz für mich zu den schönsten, die ich während meiner Zeit in China machen durfte.

Xinjiang, „Westliche Gebiete“.

Mehr in dem Buch „Go West. Unterwegs im anderen China“

2 Gedanken zu „Bazare, Kamele, Kebab und mehr in Xinjiang“

  1. Hallo Frank,
    Dein Buch liest sich wirklich gut und vereint auf zwanglose Art Deine „bunt geschilderten“ Beobachtungen mit Hintergrundinformationen zur Historie oder den Kulturen, Kompliment.
    Dennoch habe ich mich gefreut, hier auf Deiner Homepage ein Kaleidoskop von Fotos zum Text zu finden. Ein paar Mal habe ich schon Dr. Google bemüht, so zur „Schönen von Loulan“, von der (und einiger ihrer Mumien-Kollegen) ich lesen konnte, dass noch längst nicht alle Rätsel der Menschheits-Wanderungen wissenschaftlich durchdrungen sind.
    Möge Dein Buch weite Verbreitung finden.
    wünscht Dein alter Weggefährte Martin

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