Chongqing, die große Unbekannte

Die Textpassagen wurden als Zitate dem Buch “Go West. Unterwegs im anderen China” entnommen. Die Fotos sind Smartphone Momentaufnahmen bzw. von iStock (i) und Pexels (P) sowie von anderen Quellen entnommen, Bilder (siehe ID’s bei den Bildunterschriften). Titelfoto by Jieyu Wangtan, Kailong.

Chongqing ist eine Metropole mit einer eigenständigen Verwaltung, die der Zentralregierung direkt unterstellt ist. In der Stadt und ihrem unmittelbaren Umfeld leben mit zweiunddreißig Millionen Einwohnern so viele Menschen wie in Österreich, der Schweiz, der Slowakei und Tschechien zusammen. Der Fläche nach ist Chongqing fast so groß wie Österreich.

Die Stadt entstand an der Einmündung des Jialing in den Jangtsekiang oder Chang Jiang, wie der amtliche Name lautet. Seit der gigantische Drei-Schluchten-Damm diese beiden Flüsse schiffbar gemacht hat und Energie im Überfluss liefert, ist Chongqing Chinas neue Vorzeigestadt. Die Lage am östlichen Rand des Sichuan-Beckens, der »Reisschale« Chinas, hat das Wachstum der Stadt begünstigt. Und sonst? Hitze, Berge, scharfes Essen. Obwohl Chongqing der Fläche nach die größte Stadt der Welt ist, kennen es nur die wenigsten Touristen.

Auch mir war Chongqing bislang unbekannt, umso gespannter bin ich auf die nächsten Tage in dieser Metropole der Superlative im Südwesten Chinas.

Schon die Lage Chongqings hat für die Chinesen große Bedeutung. Hier trennt der Jangtse das Nordreich vom Südreich. Gewaltige Unterschiede in allen Bereichen tun sich zwischen diesen beiden Regionen auf. Das Essen ist im Süden noch wichtiger als im übrigen China, was sich auch an der Figur der Einheimischen ablesen lässt. In der Tat wird hier alles, fast alles gegessen, was Gliedmaßen hat. Egal wie viele. {Weiterlesen im Buch, Seite 193}

Megacity im Wandel

Als Nächstes suche ich mein Hotel im Zentrum auf. In dem Taxi, das mich dorthin bringen soll, passt mein Koffer nur auf die Rücksitzbank, da den Kofferraum ein verbeulter Gastank belegt. Während der Fahrt ist sich der Fahrer dann doch unsicher mit der Hotelanschrift. Er winkt im Fahren einen Kollegen heran, und bei einem kurzen Stopp steige ich in dessen Taxi um. Als ich ihm mein Handy mit der Anschrift zeige, nickt er. Das ist generell schon einmal ein sehr gutes Zeichen.

Und los geht es, die hügelige Stadtautobahn entlang, hoch und runter, in Serpentinen bergauf und bergab, vorbei an unzähligen Hochhäusern. Alle im gleichen Baustil, mehr oder weniger im gleichen Farbton. So viel Einheitsbeton in einer Stadt habe ich noch nie gesehen. Im ersten Moment finde ich den Anblick bedrückend, aber gleichzeitig imponieren mir die Dimensionen der Bauwerke. Die vielen Millionen Menschen müssen schließlich irgendwo wohnen. Und laut Zeitungsberichten kommen jeden Tag etwa sechstausend Einwohner dazu. Eigentlich unvorstellbar.

Chongqing, eine der grössten Städte der Welt, (Ming Cheng 2016, unplashed License).

Chongqing liegt im Ranking der Städte mit der schlimmsten Luftverschmutzung weltweit im vorderen Drittel. Dessen ungeachtet dreht der Taxifahrer die Fensterscheibe herunter, denn es ist warm, auch noch am Ende des Jahres. Im Sommer herrschen hier Temperaturen von bis zu fünfzig Grad bei einer Luftfeuchtigkeit von über achtzig Prozent. Wir schlängeln uns durch die bergige Großstadtwüste und kommen am Hotel Harbour Plaza in der Innenstadt an. Es wurde vor Jahren nach dem Beginn des Aufschwungs mit fünf Sternen geadelt. Aufgrund der laufenden Renovierungsarbeiten und des damit verbundenen Baulärms im ganzen Haus bekomme ich von der freundlichen Rezeptionistin ein Upgrade meiner Buchung und beziehe eine Suite in der siebenunddreißigsten Etage.

Von hier oben habe ich eine phänomenale Aussicht auf die abendliche Megacity, die wie nach amerikanischem Muster erbaut ist, so scheint es. Überall Bürohochhäuser mit bis zu fünfzig Etagen und großflächigen Leuchtreklamen.

Das Stadtzentrum von Chongqing als Symbol des Wandels in China (P) Jie Zhang.

Als Wirtschaftszentrum in Westchina ist Chongqing nach Chengdu die Metropole auf dem Globus, die am schnellsten wächst. Wieder ein Superlativ, dem weitere folgen werden. Hier hat China erstmals der westlichen Welt sein Tor geöffnet. Eine Marktwirtschaft chinesischer Prägung entwickelte sich, nachdem die Nachfolger Mao Zedongs den einheimischen Bauern erlaubt hatten, ihre Produkte in Eigenregie auf dem Markt zu verkaufen. Für Chinesen ist Chongqing das Symbol des Wandels, der Motor, das Herz des ganzen Landes. Neben Beijing, Shanghai und Tianjin im Osten gehört die City zu den Big Four als einzige Stadt im Westen Chinas mit Sonderstatus. Das heißt dann in der Verwaltungssprache »regierungsunmittelbare Stadt« . {Weiterlesen im Buch, Seite 197}

Lektionen der Geschichte

Am nächsten Tag springe ich um sieben Uhr dreißig in den Bus zur Stadtführung, der in der Nähe meines Hotels schon auf mich wartet. Derartige gebuchte Touren dauern in der Regel den ganzen Tag . Alles wird auf Chinesisch erklärt, und ich verstehe kein Wort. Das ist aber nicht weiter schlimm, weil ich die Beschreibungen zu den Highlights im detaillierten China-Reiseführer auf meinem Handy nachlesen kann. Die englischen Erläuterungen zum Ablauf der Tour mit den einzelnen Stationen erhalte ich per WeChat.

Bei unserer ersten Station kommen wir zu den Resten der historischen Stadtmauer, wo Kampfkünstler bereits ihrem Training nachgehen. Alte und junge Übende betreiben Kung-Fu oder Tai-Chi im traditionellen Gewand mit eleganten, gezielten, dynamischen Bewegungen und geben für Touristen wie uns natürlich perfekte Fotomotive ab. {Weiterlesen im Buch, Seite 199}

Tai Chi am Morgen an der alten Stadtmauer von Chongqing (i1214726785).

Der nächste Halt ist die Seilbahnstation am Jangtse. Sobald das Signal zum Ausstieg kommt, strömen alle Mitfahrenden gleichzeitig zum Ausgang des Busses. Ein Knäuel an Armen, Beinen und Oberkörpern, bis sich endlich der Erste aus dem Bus gedrängelt hat. Keiner will der Letzte sein.

Bevor die Fahrt mit der Seilbahn beginnt, kommt vom Reiseleiter die obligatorische Frage, wer auf die Toilette müsse. Diese Frage ist bei chinesischen Gruppenreisen Standard, weil die gar nicht so stillen Örtchen im Reich der Mitte eine besondere Bedeutung haben. Sie werden als »Happy Places« bezeichnet. Neben dem eigentlichen Geschäft kann man dort rauchen, meditieren, sich frisch machen und vor allem singen. Egal in welchem Landesteil, die Menschen in China lieben das Singen. Entsprechend groß ist die Bedeutung des fröhlichen Trällerns von Melodien im Alltag und insbesondere in der ungestörten Atmosphäre einer Toilette.

Die Seilbahn bringt uns sicher über den breiten Fluss, mit Einblicken in die Wohnungen der Hochhäuser, an denen die Bahn nur einen Steinwurf entfernt vorbeigleitet. In diesem Moment denke ich an mein Apartment in Beijing, wo sich zweimal im Jahr die Fensterputzer vom Dach des Hochhauses nach unten abseilen und mir beim Putzen von außen auf den Teller schauen können.{Weiterlesen im Buch, Seite 200}

Seilbahn über den Fluss Jangtse (China Briefing Chongqing).

Auf der anderen Seite des Flusses fahren wir weiter mit dem Bus, zunächst am Ufer entlang. Von unten schleppen durchtrainierte Männer mit freiem Oberkörper die Schiffsladungen hoch in die Lager der Händler in Ufernähe. Es sind die sogenannten »Bang- Bang«-Männer, die als Wanderarbeiter ihr Brot verdienen. Sie tragen auf den Schultern die namensgebende Bambusstange Bang und bringen die am Ende der Stange vertäuten Waren zu Fuß die hügeligen Wege hinauf und hinunter. Bis zum Dreifachen des eigenen Körpergewichts wiegen die Transportgüter. Das macht man nicht lange, ohne gesundheitliche Schäden zu erleiden. Ungefähr hunderttausend solcher Wanderarbeiter gibt es in der Stadt. Ihr Realeinkommen ist mit umgerechnet etwa zweihundert Euro monatlich nicht üppig, aber das Geld reicht, um nicht unter die Armutsgrenze zu fallen. Das ist das Besondere und wohl Einmalige in China: Jeder arbeitet irgendetwas, ohne sich zu beklagen oder um Almosen zu betteln, auch wenn die Arbeit ein Knochenjob ist und kaum Gewinn abwirft. Aber es geht immer vorwärts, und alles ist möglich, weil alles ständig in Bewegung ist, egal wie klein die Schritte sein mögen.

“Bang-Bang” Männer am Fluss Jangtse (i2013118105041483911).

Unser Bus stoppt an einem Parkplatz mitten in den bewaldeten Bergen im Bezirk Shapingba am westlichen Stadtrand von Chongqing. Von hier oben ist auch der Jialing zu sehen, der zweite Fluss, der durch die Stadt fließt und in den Jangtse mündet.

Wir besuchen das Gele Mountains Revolutionary Martyrs Centre, eine Gedenkstätte für kommunistische Opfer der chinesischen Nationalisten in den Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts. {Weiterlesen im Buch, Seite 201}

Das Gele Mountains Revolutionary Martyrs Centre (WebP Image, Trip.com).

Pünktlich zur ausgedehnten Mittagspause treffen wir um elf Uhr dreißig im Altstadtviertel Cigikou ein, das in der Ming-Dynastie im fünfzehnten Jahrhundert ein bekannter Markt- und Handelsort mit eigenem Hafen war. Der Charme des Viertels zieht zahllose Besucher an. Viele kleine Souvenir- und zahlreiche Imbissbuden und Restaurants mit einheimischen Spezialitäten säumen die engen Gassen, durch die sich die Menschenmenge in zwei Richtungen schiebt. Eine Art Oktoberfest ist im Gang, mit viel lauter, übersteuerter Musik aus dröhnenden Lautsprecherboxen. Nur dreht sich hier nicht alles ums Bier, sondern in erster Linie ums Essen. Ich bleibe an einem Imbissstand hängen, bei dem vor der Tür lila Nudeln handgefertigt werden, frisch und marktschreierisch feilgeboten. Die spezielle Farbe kommt von den Süßkartoffeln im Teig. Die pfefferfreie Variante ist für mich ein echter kulinarischer Höhepunkt.

Das Museum auf dem ehemaligen Lagerareal zieht viele Touristen aus dem ganzen Land an. Vom Busparkplatz führt eine asphaltierte Straße zu den Gebäuden. Die achtzehn zweistöckigen Baracken von Zhazidong stehen eng beieinander. Mit ihren Satteldächern und den moosbewachsenen steingrauen Dachziegeln fügen sie sich scheinbar harmonisch in den dichten Wald ein. Nur die umgebenden hellgrauen Mauern mit dem Stacheldraht und die einzelnen Wachtürme offenbaren die einstige Funktion. Die Baracken gruppieren sich so um den peinlich sauberen Innenhof, dass alle Gefängniszellen einsehbar sind. Drinnen ist jedes Detail anhand von Hinweistafeln akribisch erklärt. In den Folterkammern und im Verhörraum sind die diversen Folterwerkzeuge zu besichtigen, mit denen die Menschen hier gepeinigt wurden.

Die Fußgängerzone im Altstadtviertel Cigikou von Chongqing.

Nachdem alle Reisenden gestärkt wieder am Bus eingetroffen sind, geht es zurück ins Zentrum von Chongqing. Wir besuchen ein weiteres der wenigen erhaltenen Altstadtviertel, das hoch oben in den Bergen liegt. Sonst gibt es in der Stadt kaum ein Gebäude, das älter als fünfzig Jahre alt ist. In der Zeit der japanischen Invasion wurden fast alle Gebäude Chongqings durch Bombenangriffe zerstört.

Mit einer Rolltreppe überbrücken wir mühelos den Höhenunterschied zwischen dem Haltepunkt des Busses und dem anvisierten Ort für den Rundgang. Diese Rolltreppe ist mit hundertzwanzig Metern die zweitlängste in ganz China, eine technische Meisterleistung. Ungewohnt schnell geht es nach oben. Ich wappne mich, um rechtzeitig den Absprung zu schaffen. Alle aus unserer Reisegruppe meistern die Herausforderung ohne Probleme.

Dieses Altstadtviertel lässt nicht nur erahnen, wie ganz Chongqing vor dem Wandel zur Moderne ausgesehen haben mag, sondern erlaubt auch herrliche Ausblicke auf die Stadt. Auf dem Weg zum höchsten Punkt des Viertels unterhalte ich mich immer wieder mit vorbeikommenden Gruppen von chinesischen Jugendlichen, die ein Foto mit mir machen wollen. Ausländer werden im Westen Chinas noch immer freundlich bestaunt.

Traditionelle chinesische Architektur in den Altstadt von Chongqing (i1090324874).

Am Ende der Tagestour verabschiede ich mich nach dem obligatorischen Austausch von WeChat-Adressen von meinen Mitreisenden. Ich bleibe noch in der Stadt und schlendere an der Galerie der Luxusgeschäfte von Gucci, Adidas und Co entlang, vorbei am Opernhaus mit dem futuristischen Dach in Form riesiger roter Balken, um dann zur Flanier- und Ausgehmeile am Ufer des Jangtse zu gelangen.

Das Guotai Art Center im Zentrum von Chongqing (Dukas Presseagentur GmbH, Alamy Stock Photo).

Der zentrale Ort des Nachtlebens von Chongqing ist das Hongyadong, ein neuzeitlicher Kitschtempel. Der Komplex besteht aus unzähligen kleinen Einkaufspassagen und Restaurants, die auf mehrere Stockwerke verteilt sind. Hier gibt es Einkehrmöglichkeiten für jeden Geschmack. Ich entscheide mich für ein Café mit Jugendstilelementen. Direkt an der Balustrade sitzend, genieße ich den Käsekuchen nach New Yorker Art und den schwarzen chinesischen Tee. Der schmeckt auch noch nach dem dritten Aufguss sehr würzig, ganz anders als die meisten Teebeuteltees in der Heimat. {Weiterlesen im Buch, Seite 205}

Der Vergnügungskomplex Hongyadong mit zahlreichen Einkaufspassagen und Restaurants (VCG Photo).

Die Nächte in Chongqing sind zuckend bunt. Auf der gegenüberliegenden Seite des Jangtse flackern verschiedenfarbige Lichtkunstwerke an den Häuserfassaden auf, die kleine Bildergeschichten erzählen. Blütenträume in Rot, Herbstimpressionen, holländische Windmühlenidylle und vieles mehr fließen ineinander, lösen sich auf, um dann wieder neu für wenige Minuten zu erstrahlen. Das alles passt zu dem Rhythmus der Stadt mit ihrem schwindelerregenden Wachstum. {Weiterlesen im Buch, Seite 207}

Die prosperierende Nachtszene von Chongqing im Central Business New District (i1307395635).

Steinerne Zeugen

Der nächste Morgen ist verregnet . Es ist noch dunkel, als ich mich auf den Weg zum Intercontinental Hotel mache, um die chinesische Reisegruppe zu treffen, mit der ich einen Tagesausflug zu den weltberühmten Felsskulpturen von Dazu unternehmen will. {Weiterlesen im Buch, Seite 207}

Der Bus ist gut gefüllt mit dreißig chinesischen Touristen. Alle Mitreisenden versuchen den unterbrochenen Nachtschlaf fortzusetzen. Gesprochen wird während der Fahrt wenig, und wenn, dann nur leise mit dem direkten Nachbarn in der eigenen Sitzreihe. Das einzige laute Geräusch im Bus kommt vom Fahrer. Der holt alle Viertelstunde seinen gesamten Schleim aus dem Körper, öffnet kurz das Fenster und rotzt ihn mit voller Kraft hinaus auf die regnerische Straße. Da ich direkt hinter ihm sitze, kann ich mit der Stoppuhr die Intervalle kontrollieren.

Nach dreistündiger Fahrt erreichen wir Dazu, einen Stadtbezirk von Chongqing, und machen zunächst Toilettenpause in einem städtischen Freiluftmuseum. Im Innenhof spielen Kinder mit ihren Eltern und unter der Anleitung eines Organisators. Es ist für mich immer wieder anrührend, zu beobachten, wie liebevoll Familien in China mit ihrem Nachwuchs umgehen.

Anschließend heißt es für alle Teilnehmer der Reise, pünktlich am vereinbarten Abfahrtsort zu sein. Ich orientiere mich auf dem Rückweg zum Bus an den auffälligen knallgelben Jacken der Mitreisenden. Doch kaum sind wir abgefahren, stellt die Reiseleitung fest, dass zwei Fahrgäste fehlen. Die beiden rennen dem Bus schon eine Weile hinterher, nur hat es bislang niemand gemerkt. Als endlich alle an Bord sind, gibt es noch ein kurzes Wortgefecht zwischen den Nachzüglern und dem Busfahrer, der sich keiner Schuld bewusst ist. Aber schnell beruhigen sich alle wieder, und es kann gemütlich weitergehen zur ersten wirklichen Station der Tour, zu den Felsskulpturen von Dazu.

Die Felsskulpturen von Dazu (Truthven, Wikimedia Commons).

Die Hauptattraktion in diesem Gebiet ist eine dreihundert Meter lange Felswand mit mehr als zehntausend in den Stein gemeißelten Skulpturen. Sie gehen bis auf das siebte Jahrhundert zurück und stellen überwiegend Themen aus dem tantrischen Buddhismus dar. Insgesamt gibt es in dem Gebiet um Dazu an steilen Berghängen fünfundsiebzig Stätten mit schätzungsweise fünfzigtausend Statuen und über hunderttausend chinesischen Schriftzeichen. Kein Wunder, dass diese Felsschnitzereien auf der UNESCO-Welterbeliste stehen. Erläuterungen zu den einzelnen Werken sind auf Schildern in Englisch nachzulesen, aber ich bin heute der einzige Ausländer weit und breit und habe demzufolge die Schilder für mich allein. {Weiterlesen im Buch, Seite 209}

Wir steuern nun die Hauptattraktion des heutigen Tages an, den Berg Baoding. Neben Beishan weist er die historisch wertvollsten Skulpturen auf. Sie wurden an dem hufeisenförmigen Abhang am Rand einer Schlucht direkt in den Felsen oder in Grotten gehauen. Eines der Schmuckstücke ist der vergoldete tausendarmige Avalokiteshvara.

Die goldene Skulptur vom Avalokiteshavra Buddha (i1209138475).

Der Avalokiteshvara ist im Buddhismus der Bodhisattva, eine Mittlergestalt, die den Menschen und allen anderen fühlenden Wesen eine Erleuchtung des universellen Mitgefühls bringen soll. Die Statue mit einer Fläche von achtundachtzig Quadratmetern ist die einzige echte Darstellung eines tausendarmigen Bodhisattvas in der ganzen Welt. Aufgrund der engen Verzahnung der Arme und Hände erinnert die Statue an einen Pfau, der ein goldenes Rad schlägt. Tatsächlich sind es aber tausendundsieben Arme, womit zum Ausdruck kommen soll, dass dieses Wesen in Wirklichkeit nicht eine bestimmte Anzahl, sondern unzählige Gliedmaßen hat. Auf diese Weise werden das grenzenlose Mitleid und die unbeschränkte Macht des Avalokiteshvaras symbolisch zum Ausdruck gebracht. {Weiterlesen im Buch, Seite 210}

Nach drei erlebnisreichen Tagen neigt sich meine Zeit in Chongqing dem Ende zu. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich die Millionenstadt besuche. Denn mit dem Beginn des chinesischen Sommers Lixia im Mai des nächsten Jahres starte ich von Chongqing aus eine Schiffsreise auf dem Jangtse etwa siebenhundert Kilometer bis zum Drei-Schluchten-Damm. Diese Reise wird mich ostwärts in die Provinz Hubei führen. Aber damit beginnt ein neues Kapitel, das ganz andere Eindrücke und Erfahrungen verspricht als meine Reisen im fernen Westen Chinas.

Chongqing, “Das Herz, der Motor Chinas”.

Mehr in dem Buch „Go West. Unterwegs im anderen China“

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